Bioimmuntherapie

Die Bioimmuntherapie baut auf der Wirkung von biologischen Stoffen auf, die dem menschlichen Stoffwechsel bekannt sind, vom Körper metabolisiert werden und regulierend bei Krankheitsprozessen wirken. Zu diesen Stoffen zählen Antikörper, Zytokine, Hormone, Gerinnungsfaktoren, Proteine, Oligonukleotide, aber auch vitaminähnliche Stoffe. Viele Mittel der Bioimmuntherapie sind als Biopharmaka zu bezeichnen, zumal deren Herstellung mittels Biotechnologie in gentechnisch veränderten Organismen erfolgt.  Die sog. Biologika (wie z.B. Tumornekrosefaktor-alpha-Antagonisten) sind eine eigene Klasse der Biopharmaka.  Sie greifen in das immunologische Geschehen im Körper ein, indem sie Entzündungsvorgänge blockieren.

Die Bioimmuntherapie wird unter anderem bei chronisch entzündlichen oder Krebserkrankungen angewandt, aber auch bei Hauterkrankungen wie Psoriasis ("Schuppenflechte"). Eine besondere Form einer natürlichen Immuntherapie bei Psoriasis ist die Phototherapie, deren positive Wirkung durch UV-Strahlung bei vielen Hauterkrankungen eingesetzt wird. In Graz wurde ein neuer Weg gefunden, die beiden Therapiemöglichkeiten zu kombinieren und somit eine Verbesserung der Beschwerden und vor allem nachhaltige Erleichterung für Psoriasis-Patienten zu ermöglichen. Die Bioimmuntherapie, kombiniert mit der Phototherapie, steht auch im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten der Arbeitsgruppe. Grundlagenforschung und klinische Forschung gehen dabei einher. 

Photoimmuntherapie und Biologika

Die Arbeitsgruppe Photodermatologie und Bioimmuntherapie bietet im klinischen Bereich alle dem aktuellen Stand der Medizin entsprechenden photo(chemo)therapeutischen Modalitäten an und hat durch Dosis-Wirkungsstudien in den letzten Jahren wesentlich zu deren Optimierung und Weiterentwicklung beigetragen. Therapiemodalitäten wie Psoralen+UVA (PUVA) Photochemotherapie, 311nm UVB, UVA-1 und extrakorporale Photopherese dienen der Behandlung von Hauterkrankungen wie Psoriasis (Schuppenflechte), Ekzemen, Vitiligo („Weißfleckenkrankheit“), Mastozytosen, Graft-versus-Host-Disease (GVHD) nach allogenen Knochenmarktransplantationen und T-Zell-Lymphomen der Haut sowie der Abhärtungstherapie ("Hardening") bei Photodermatosen, insbesondere der polymorphen Lichtdermatose ("Sonnenallergie").

Die Wirkmechanismen der Photo(chemo)therapie sind bis heute nicht genau geklärt, sie scheinen aber vor allem auf immunmodulierenden und proapoptischen Effekten, welche zur programmierten Eliminierung abnormaler Zellen in der Haut führen, zu beruhen. Insbesondere bestehen Beziehungen zu den Wirkmechanismen biotechnologisch hergestellter Biologika mit anti-entzündlichen Effekten, die der Behandlung der Psoriasis dienen. Die Photo(chemo)therapie ist somit eine Art natürliche Bioimmuntherapie. Klinische Studien der Arbeitsgruppe haben eindrucksvoll die synergistische Wirkung von Phototherapie und Biologika wie Tumornekrosefaktor-alpha-Inhibitoren oder Antikörper gegen IL-12/23 gezeigt und die Überlegenheit und Nachhaltigkeit bei PatientInnen mit Psoriasis bewiesen.

Einen wesentlichen Schwerpunkt der Arbeitsgruppe stellt die translationale Forschung dar, wobei biomedizinische Modelle und Zellkulturen zur Erforschung der molekularen Wirkmechanismen der Phototherapie zur Anwendung kommen. Insbesondere studiert die Arbeitsgruppe dabei die Bedeutung von immunregulatorischen Zellen und sog. Th17-Zellen, aber auch von löslichen Faktoren, wie z.B. Platelet-Activating Factor (PAF), Zytokinen und Neuropeptiden bei der Vermittlung von therapeutischen UV-Effekten. So konnte bereits gezeigt werden, dass die Photo(chemo)therapie proinflammatorische Zytokine wie IL-9, IL-17 und IL-23 hinunterreguliert und die Produktion immunsuppressiver Zytokine wie IL-10 steigert, was wesentlich für die therapeutische Wirkung zu sein scheint. Ziel ist es durch das bessere Verständnis der molekularen Mechanismen der Photochemotherapie die Entwicklung der Behandlung entzündlicher Erkrankungen wie der Psoriasis, aber auch neoplastischer Erkrankungen wie des kutanen T-Zell-Lymphoms weiter voranzutreiben und neue Therapien mit erhöhter Effektivität und Nachhaltigkeit bei gleichzeitig verbessertem Sicherheitsprofil zu entwickeln.

Körpereigene Stoffe zur Behandlung von Hautkrebs

Bei der photodynamischen Therapie (PDT) kommen photoaktive Stoffe zur Behandlung von Krebs zur Anwendung. In der Dermatologie hat sich nach den klinischen Pionierarbeiten der Grazer Arbeitsgruppe die PDT mit endogenen Porphyrinen durchgesetzt. Porphyrinvorläufer, wie Aminolävulinsäure oder deren Ester, die bei natürlichen Stoffwechselvorgängen des Körpers wie dem Aufbau eines Anteils (Häm) des roten Blutfarbstoffes vorkommen, werden dabei insbesondere in Form von Cremen im Bereich von Hauttumoren lokal verabreicht. Die Tumorzellen selbst wandeln diese Stoffe in photosensitive Porphyrine um, was die hochselektive und effektive Zerstörung von Tumorgewebe durch die Aktivierung über Bestrahlung mit sichtbarem Licht durch LED oder Laser über die Produktion von Sauerstoffradikalen ermöglicht. Die PDT schont das gesunde Gewebe, weswegen die kosmetischen Ergebnisse denen von chirurgischen Verfahren deutlich überlegen sind. Auch bestehen bei den Wirkmechanismen der PDT direkte Beziehungen zu einer anderen Form der Bioimmuntherapie, der Behandlung mit Toll-like-Rezeptor-(TLR)-Agonisten wie Imiquimod. Diese aktivieren Toll-like-Rezeptoren, führen zu einer Entzündungsreaktion und zerstören somit Tumorgewebe. Die PDT ist vor allem beim "weißen Hautkrebs" (aktinischen Keratosen, oberflächlichen Plattenepithelkarzinomen und Basalzellkarzinomen) hocheffektiv.

Enzymersatztherapie als Sonnenschutz

Eine klinisch-experimentelle Aufgabe im Bereich der translationalen Forschung, der sich die Arbeitsgruppe u.a. stellt, ist die Entwicklung innovativer Strategien der Photoprotektion. So gelang es durch die über Jahre konsequente Forschungstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur praktisch-klinischen Umsetzung des Sonnenschutzkonzeptes mit sogenannten DNA-Repairosomen zu liefern. Dabei handelt es sich um in Liposomen verpackte DNA-Reparaturenzyme, die durch moderne gentechnische Methoden, basierend auf den Schutzmechanismen UV-resistenter Mikroben, hergestellt werden. Diese Stoffe reparieren nach topischer Verabreichung in speziell formulierten Cremen Sonnenschäden an der menschlichen Erbsubstanz, der DNA, und sollen so vor Immunsuppression und Langzeitschäden einschließlich Hautkrebs und Hautalterung schützen. In einer internationalen Studie mit führender Grazer Beteiligung reduzierte die regelmäßige Anwendung dieser DNA–Repairosome die Hautkrebshäufigkeit bei Patienten mit Xeroderma pigmentosum, einem genetisch-bedingten Hautkrebssyndrom, um bis zu 70%.

Die Arbeitsgruppe konnte erstmalig beweisen, dass diese DNA-Reparatur-Strategie mit einer speziell formulierten After-Sun-Lotion vorbeugend bei PLD, der häufigsten Form einer Sonnenallergie, wirksam ist. Die polymorphe Lichtdermatose tritt bei bis zu zwanzig Prozent der Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren auf. Die Erkrankung ist durch stark juckende Hautveränderungen nach Sonneneinwirkung im Bereich exponierter Körperstellen charakterisiert. Nicht selten führt die Erkrankung zu erheblicher Einschränkung der Lebensqualität, weswegen nach neuen Behandlungsstrategien geforscht wird, nicht zuletzt auch deswegen, weil konventioneller Lichtschutz nicht immer wirksam ist. Die Arbeitsgruppe untersucht u.a. translational die Rolle des Mikrobioms der Haut in der Entstehung der polymorphen Lichtdermatose und dessen Modifizierung als therapeutische Strategie.