Blutkoerperchen - Design Cells/adobe.stock.com

COVID Impfung und Immundefizienz

Menschen mit Immundefizienz sind in Bezug auf das Coronavirus besonders gefährdet. Das Umfeld kann allerdings mithelfen, die Betroffenen zu schützen.

Die letzten Monate haben eindeutig gezeigt, dass ein Schutz vor dem Coronavirus für alle Menschen wichtig ist. Denn die Zahlen belegen, dass schwere Verläufe – und auch Long Covid – Personen quer durch alle Altersstufen betreffen können. Dennoch gibt es verschiedene Gruppen von Risikopatientinnen und -patienten, für die der Schutz vor einer Infektion noch essenzieller ist.

Dazu gehören auch Menschen mit Immundefizienz, wie Hämatologin Hildegard Greinix erklärt: „Hierbei handelt es sich beispielsweise um Betroffene, die an Leukämie, Lymphdrüsen- oder Knochenkrebs leiden. Bei diesen Menschen sind durch die Krankheit und auch durch gewisse Therapien von den weißen Blutkörperchen, bestimmten Lymphozyten, kaum noch gesunde übrig.“ Solche werden aber für die Infektabwehr im Körper benötigt.


Die wichtigen weißen Blutkörperchen

Auch wenn diese Patientinnen und Patienten wieder auf dem Weg der Besserung sind, braucht es Zeit, bis diese Blutkörperchen wieder ausreichend vorhanden sind. „Nach einer Blutstammzelltransplantation dauert das mindestens sechs bis neun Monate“, sagt Greinix. Auch andere Therapieformen sind meist langwierig und müssen oft mehrmals durchgeführt werden. In dieser Zeit gilt es also, auf den Schutz der Betroffenen besonders zu achten.

Denn da Infektionen aller Art in dieser Zeit für Patientinnen und Patienten gefährlich werden können, ist auch eine Covid-19-Erkrankung unbedingt zu vermeiden: „Wir haben selbst im Krankenhaus einige Betroffene behandelt, die an Corona erkrankt sind. Dabei haben wir viele schwere Lungenentzündungen und lange Intensivstationsaufenthalte gesehen. Hinzu kommt: In dieser Zeit kann oft die Grunderkrankung nicht behandelt werden“, so die Expertin. Da das Abwehrsystem der Betroffenen oft nicht in der Lage ist, das Virus ganz aus dem Organismus verschwinden zu lassen, kann es vorkommen, dass diese über Monate positiv bleiben.


Risiko von schweren Verläufen ist erhöht

Um das Risiko von schweren Verläufen bei Menschen mit Immundefizienz zu senken, wird den Betroffenen dringend zur Schutzimpfung geraten. Das Problem: Der Mangel an gewissen weißen Blutkörperchen macht nicht nur Erkrankungen wahrscheinlicher, sondern setzt auch die Wirksamkeit der Impfung herab: „Nur zwei Drittel der Betroffenen hatten nach der Impfung Antikörper. Aber bei diesen war der Antikörperspiegel um ein Vielfaches geringer als bei Menschen ohne Vorerkrankungen“, sagt Greinix.

Impfen lassen sollten sich die Patientinnen und Patienten dennoch: „Schaden kann ihnen die Impfung nicht. Im schlimmsten Fall passiert es eben, dass keine Immunantwort entsteht“, sagt die Expertin. Um eine solche doch noch herbeizuführen oder zu verstärken, spielt bei Menschen mit Immundefizienz der dritte Stich eine wichtige Rolle. Dieser solle so bald wie möglich durchgeführt werden.


Auch das Umfeld muss Schutz aufbauen

Wichtig ist zusätzlich, dass das Umfeld dazu beiträgt, die Betroffenen zu schützen: „Unsere Patientinnen und Patienten würden von einer hohen Durchimpfungsrate profitieren – weil sie sich selbst einfach nicht ausreichend schützen können, wenn der Körper keine Impfantwort entwickelt“, so Greinix. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass meist das ganze nahe Umfeld von Schwerkranken diese Verantwortung ernst nimmt: „Hier sind meist alle geimpft.“

Dennoch sei eine solche Solidarität in der gesamten Gesellschaft sehr wünschenswert. Denn aktuell leben Betroffene sehr eingeschränkt, um sich zu schützen. Die Durchimpfungsrate sei noch bei Weitem zu gering: „Die meisten halten sich von der Öffentlichkeit fern und sehen nur einzelne Angehörige, die sich natürlich davor trotz Impfung testen lassen.“

Textnachweis: Teresa Guggenberger, KLEINE ZEITUNG vom 06.11.2021

Kontakt

Univ.-Prof.in Dr.in
Hildegard Greinix 
Medizinische Universität Graz
Klinische Abteilung für Hämatologie