Zahnmedizinstudierende der Med Uni Graz helfen in Nepal - Foto: REDPIXEL/AdobeStock.com

Zahnmedizinische Versorgung in Nepal: Im Einsatz am „Dach der Welt“

10 Studierende des letzten Studienjahres der Studienrichtung Zahnmedizin der Med Uni Graz nahmen am Freien Wahlfach „Zahnmedizinische Versorgung in einem Entwicklungsland“ teil und machten sich mit Barbara Kirnbauer von der Klinischen Abteilung für Orale Chirurgie und Kieferorthopädie der Med Uni Graz im September 2025 für eine Woche auf den Weg nach Nepal. Im Vordergrund dabei sollte die zahnmedizinische Lehre für und mit nepalesischen Studierenden und Jungzahnärzt*innen stehen. Diese sollte einerseits in Form eines Praktikums in zwei externen, universitären Ambulanzzentren und andererseits in Form von Vorlesungen für nepalesische Studierende stattfinden.
 

Nepal, bekannt für seine beeindruckenden Berglandschaften und kulturelle Vielfalt, zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Die zahnmedizinische Versorgung ist insbesondere in ländlichen Regionen oft mangelhaft – fehlende Ressourcen, Fachkräftemangel und finanzielle Hürden erschweren den Zugang zu Behandlung. Karies und Zahnfleischerkrankungen sind weit verbreitet, während Prävention und Aufklärung selten umgesetzt werden.
 

Seit 2009 kooperiert die Medizinische Universität Graz mit der Kathmandu University School of Medical Sciences (KUSMS) in Nepal. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Dhulikhel Hospital, einem akademischen Lehrkrankenhaus, das medizinische Versorgung für rund 2,7 Millionen Menschen in der Region bietet. Neben bestehenden Partnerschaften in Pflegewissenschaften, Pathologie und Kinderchirurgie wurde 2019 auch die Zusammenarbeit im Bereich Zahnmedizin intensiviert.
 

Im Jänner 2024 setzte Barbara Kirnbauer, Oberärztin und Vize-Dekanin der Univ.-Klinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit der Med Uni Graz, die Kooperation mit einem Lehraufenthalt in Nepal fort. Sie besuchte die Universitätszahnklinik in Dhulikhel sowie eines der abgelegenen Ambulanzzentren, das Bahunepati Health Care Center nahe der chinesischen Grenze. Dort erlebte sie die Herausforderungen einer zahnmedizinischen Versorgung unter extrem einfachen Bedingungen – fehlende Materialien, winterliche Kälte und eine Bevölkerung, die trotz widriger Umstände Hilfe sucht.
 

Gemeinsam mit der Leitung des Public Health and Community Dentistry Departments unterstützte die Zahnmedizinerin vor Ort auch die Zahngesundheitserziehung an der Jalapadevi Secondary School. Bereits damals übernahmen Studierende Praktika im Ambulanzzentrum und leisten Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung.
 

Im September 2025 machten sich nun 10 Studierende mit der erfahrenen Ärztin für eine Woche auf den Weg nach Nepal. Gefördert wurde dieser Aufenthalt im Rahmen des Freemover und des ERASMUS+ Programmes der Med Uni Graz in Kooperation mit der Kathmandu University of Medical Science.
 

Nach Landung in Kathmandu, Transfer nach Dhulikhel und Weiterfahrt in die minderversorgte Peripherie erfolgten der Besuch des Manekharka Health Care Centers und der Shree Thangpal Valley Secondary School 7 Autostunden von Kathmandu entfernt, auf einer Seehöhe von 1800m, in Mitten der Reisfelder und bewaldeten Berge des Himalaya. In dieser Region ist das Leben jedenfalls karg und beschwerlich. Die Kinder haben teilweise einen Schulweg von 2 Stunden zu bewältigen.


Was die medizinische Versorgung der Bevölkerung angeht, wird diese von einem im dortigen Health Care Center arbeitenden nepalesischen Allgemeinmediziner durchgeführt. Diese ist jedoch äußerst rudimentär. Die zahnmedizinische Versorgung muss oft monatelang warten, da nur selten Besuch aus dem Dhulikhel Hospital kommt. Die Mitarbeiter*innen nennen diese liebevoll „Extractioncamp“. Der Versorgungsbedarf ist entsprechend riesig, da die Kariesprävalenz durch fehlende Mundhygiene, Aufklärung und veränderter Ernährungsgewohnheiten bei über 50 % liegt. Somit wurde die Ankunft der Zahnmediziner*innen bereits sehnlich erwartet. 
 

Bereits am ersten Behandlungstag verwandelten die Teilnehmer*innen einen Klassenraum der Shree Thangpal Valley Secondary School in eine provisorische Zahnambulanz. Innerhalb weniger Stunden bildeten sich lange Schlangen von Schüler*innen die geduldig auf ihre Behandlung warteten. Rund 200 Kinder konnten so von Zahnschmerzen, Abszessen und Entzündungen befreit werden. Mit einfachen Mitteln und großem Einfühlungsvermögen schafften es die Studierenden, Vertrauen aufzubauen und den kleinen Patientinnen sogar ein Lächeln zu entlocken. Zahnbürsten und Zahnpasta wurden als kleine Geschenke verteilt.
 

An den folgenden Tagen setzte das Team die Arbeit im lokalen Health Care Center fort. Besonders herausfordernd war die Versorgung erwachsener Patient*innen mit komplexen zahnmedizinischen Problemen. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit einem Allgemeinmediziner konnten auch akute Notfälle versorgt werden. Insgesamt wurden rund 300 Behandlungen durchgeführt.
 

Neben der fachlichen Arbeit bot das Projekt wertvolle interkulturelle Erfahrungen. Studierende profitierten vom Peer-Teaching mit nepalesischen Kolleg*innen, verbesserten ihre Englischkenntnisse und lernten, sprachliche Hürden empathisch zu überwinden. Auch politische Unruhen in Kathmandu stellten das Team vor ungeplante Herausforderungen – die Zeit der Ausgangssperre wurde jedoch für Austausch und gemeinsames Kochen genutzt.
 

Zum Abschluss hielt die renommierte Zahnärztin der Med Uni Graz am Dhulikhel Hospital Vorlesungen zu Oralchirurgie und Radiologie, die auf großes Interesse stießen. Das Projekt war nicht nur eine Bereicherung für die Patient*innen, sondern auch für alle Beteiligten. Eine Fortsetzung der Lehrveranstaltung ist bereits geplant, um jungen Menschen in Nepal und Österreich weiterhin wertvolle Erfahrungen zu ermöglichen.

 

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