"Grüß Gott, dürfen wir kurz vorbeikommen, ist jemand vor Ort?“ Georg Harb ist so wie jeden Tag mit seinem Auto quer durchs Land unterwegs, um Wasserverbänden einen Besuch abzustatten. Heute steuert der Hygieneexperte der Med Uni Graz das weststeirische Köflach an. Zu manchen Visiten erscheint der „Herr Inspektor“, wie er begrüßt wird, unangemeldet, manche sind terminisiert.
Misstrauen schlägt ihm und seinem Kollegen Daniel Rieder nie entgegen, im Gegenteil: „Die meisten kennt man schon, da rennt der Schmäh. Vor allem aber ist das steirische Wasser eines der besten weltweit – allein schon deshalb braucht sich niemand vor uns zu fürchten“, sagt der 43-Jährige und lacht. Harb muss es wissen: Allein im Vorjahr hat das Grazer Wasserhygiene-Team 12.000 Proben genommen – pH-Wert, Härtegrad, Nitrat, Sulfat, Enterokokken – die zu überprüfenden Parameter sind unendlich, die Standards hoch. Alarm gibt es selten: „Nach Starkregenereignissen oder wenn ein Brunnen baufällig wird, kann es zu einer Kontaminierung kommen“, erzählen die Experten von einigen Ausnahmefällen. Am Zielort angekommen, geht es knapp 100 Meter gebückt in einem engen Höhlensystem zu der Stelle im Berg, wo die sogenannte Stindljörg-Quelle entspringt. Das Wasser schießt glasklar zwischen den Felsen hervor und wird hier in ein Rohr gefasst. „Insgesamt beziehen wir aus sechs Quellen in der Stubalpen-Region unser Wasser, fünf sind im Eigentum der Stadtgemeinde Köflach, eine gehört der Diözese Eisenstadt“, berichtet Wassermeister Franz Puffing stolz. Damals, in den 1960er-Jahren, hätten die Quellen um „einen Pappenstiel“, so die Erzählung, die Besitzer gewechselt.
„Hätten die Grundeigentümer gewusst, welch hohen Wert unser Wasser einmal haben wird, sie hätten sicherlich das Zigfache verlangen können.“ Die entnommene Probe kommt in ein Kühlbehältnis, danach geht’s weiter zum Hochbehälter, wo das Quellwasser zwischengespeichert wird, bevor es dann über das Leitungsnetz in die Haushalte kommt. „Das Besondere an unserem Wasser ist, dass es völlig naturbelassen beim Endverbraucher ankommt“, sagt Rieder. „Nichts wird zugesetzt, keine Art der Aufbereitung ist notwendig – das ist wirklich einzigartig.“ Der Chemiker stellt einen Vergleich an:
„Die meisten Leute denken, die Schweizer hätten das allerbeste Wasser. Das stimmt aber nicht. Ein Großteil des Schweizer Trinkwassers stammt aus Flüssen und Seen – und das muss aufbereitet werden.“
Auch Badegewässer weisen 1A-Qualität auf
Bevor die Proben im Labor untersucht werden, machen die Hygieniker noch einen Abstecher zum Lilienbad in St. Marein bei Graz. In der warmen Jahreszeit gibt es besonders viel zu tun: Eine Analyse vor Beginn der Badesaison ist vorgeschrieben, während des laufenden Betriebes finden die Kontrollen dann engmaschig statt. In dem Naturbad muss auf die maximale Nennbelastung, so der sperrige Begriff, besonders achtgegeben werden: „Wir verwenden keine Chemie. Mehr als 70 Personen gleichzeitig dürfen nicht ins Wasser, sonst könnte das System kippen“, erzählt Bademeister Bertl Thiebet. Überhaupt wären Probleme oft menschengemacht. Rieder: „Zwei Drittel der Verschmutzung könnten vermieden werden, würden sich alle vor dem Schwimmen abduschen.“
Textnachweis: Barbara Winkler, Kronenzeitung vom 26.05.2025