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Famulatur an der Med Uni Graz

Tomás Gómez-Laverde aus Kolumbien ist einer der wenigen Studierenden aus einem Drittstaat, die seit Beginn der Coronapandemie eine Famulatur an der Med Uni Graz absolvieren konnten. Gefördert durch das Mobilitätsprogramm Erasmus+ International Credit Mobility (KA107) war es ihm möglich, drei Monate lang an der Klinischen Abteilung für Onkologie und der Universitätsklinik für Neurologie der Med Uni Graz zu famulieren. In einem Interview erzählt er, warum er trotz der Pandemie nach Graz gekommen ist, welche Herausforderungen der Lockdown mit sich brachte und welche Unterschiede er in der Ärzt*innenausbildung in Kolumbien und Österreich sieht. Seine Betreuer*innen an der Med Uni Graz, Lydia Stadlober, Christoph Suppan und Florian Posch teilen ihre Sicht auf die Aufnahme von Studierenden aus dem Ausland in diesen herausfordernden Zeiten und den Aufenthalt von Tomás Gómez-Laverde.

Warum sich der 23-jährige Kolumbianer, der an der Universidad CES in Medellín im fünften Jahr Medizin studiert und dank seines Besuchs einer deutschen Schule sehr gut Deutsch spricht, für eine Famulatur an der Med Uni Graz entschieden hat? „Ich bin mit dem Ziel nach Graz gekommen, Einblicke in die Unterrichtungsmethode der Medizin außerhalb von Kolumbien und insbesondere in Europa zu erlangen. Es war bereits immer mein Traum, eine Ausbildung im Ausland zu absolvieren.“ Eine Förderung über das Mobilitätsprogramm Erasmus+ International Credit Mobility (KA107) machte diese Erfahrung möglich, auch wenn COVID-19 die Planung seines Aufenthalts erschwerte: „Heutzutage beeinflusst die Pandemie fast jeden Lebensbereich, insbesondere, wenn es ums Reisen geht. Ich musste das Datum meiner Reise ändern und mir ein Studierendenvisum beschaffen, was ohne die Pandemie nicht notwendig gewesen wäre“, so der Studierende. Eine Absage des Aufenthalts kam für ihn dennoch nicht in Frage, denn der Austausch war für ihn eine einmalige Gelegenheit, die er unter allen Umständen wahrnehmen wollte.

Auch Lydia Stadlober, die Tomás Gómez-Laverde an der Universitätsklinik für Neurologie betreute, sieht internationalen Austausch als große Bereicherung für die Partnerländer und erzählt, dass der Studierende aus Kolumbien bestens in den Klinikalltag eingebunden werden konnte: „Er war aufgrund seiner sehr guten Deutschkenntnisse bei den klinischen Visiten dabei, er erlernte den neurologischen Status und konnte in den morgendlichen neuroradiologischen Besprechungen sein Wissen erweitern. Mit besonderer Berücksichtigung seines Forschungsschwerpunktes und seiner Interessen im onkologischen Fachgebiet konnte er in der neuroonkologischen Spezialambulanz mitarbeiten und bei den wöchentlichen interdisziplinären Sitzungen anwesend sein.“ Auch an der Klinischen Abteilung für Onkologie war der Studierende aus Kolumbien bestens ins Team integriert und konnte unter Aufsicht Patient*innen mit verschiedensten onkologischen Erkrankungen wie Brust-, Prostata-, Darm- oder Lungenkrebs mitbetreuen. Darüber hinaus führte er unter Supervision onkologische Nachsorgen durch und hatte die Möglichkeit, an Tumorboards teilzunehmen.

Aus Sicht von Tomás Gómez-Laverde unterscheiden sich die Med Uni Graz und das LKH-Univ. Klinikum Graz von seiner Heimatuni Universidad CES und den Universitätskliniken zu Hause eindeutig in Bezug auf die Infrastruktur: „Unsere Krankenhäuser sind amerikanischer, das bedeutet ein einziges Gebäude im Vergleich zum ‚Campus Style‘ hier in Graz.“ Den wichtigsten Unterschied sieht er jedoch in der Ausbildung an sich, denn in Kolumbien haben Medizinstudierende eine aktivere Rolle im Vergleich zu vielen anderen Ländern, was daran liegt, dass nach dem Medizinstudium nicht wie in Österreich ein Turnus folgt, um Ärztin*Arzt für Allgemeinmedizin zu werden. Mit Abschluss des Studiums sind Studierende in Kolumbien ausgebildete Allgemeinmediziner*innen und berechtigt, eine Praxis zu eröffnen. Dementsprechend übernehmen sie bereits in den letzten Jahren der Ausbildung mehr Verantwortung und führen unter Supervision Tätigkeiten durch, die mit denen der Turnusärzt*innen in Österreich vergleichbar sind.

Dass der Studierende in Zeiten einer Pandemie an die Med Uni Graz kam, hatte fachlich nur kleinere Einschränkungen zur Folge, wie etwa, dass ein Wechsel zwischen den Stationen oder ein tageweiser Aufenthalt in der Notaufnahme oder in der Radiologie nicht ermöglicht werden konnte. Die Pandemie schränkte aber vor allem Möglichkeiten ein, soziale Kontakte zu knüpfen und Graz von seiner kulturellen Seite kennenzulernen, wie Tomás Gómez-Laverde erzählt: „Es ist leider zurzeit sehr schwierig, sich mit der einheimischen Kultur auseinanderzusetzen. Durch die Pandemie wurde der soziale Austausch leider sehr erschwert, insbesondere durch den Lockdown.“ Von eigenen Famulaturen im Ausland weiß Betreuer Florian Posch, dass die soziale Komponente ein zentraler Aspekt jeder Auslandserfahrung ist und bedauert es, dass es pandemiebedingt nicht möglich war, außerhalb des beruflichen Umfelds einen gemeinsamen Ausflug zu machen oder den Austauschstudierenden nach Hause einzuladen. Auch für Betreuerin Lydia Stadlober war es herausfordernd, dem Studierenden die kulturelle Seite und auch das charakteristische Flair von Graz als Universitätsstadt bei den aktuellen Beschränkungen und Maßnahmen zu vermitteln. Ein Weg führte die beiden aber in die kulturelle Wiege der Steiermark, nach Stift Rein. Dass es Austauschstudierenden in der aktuellen Situation kaum möglich ist, unsere Kultur und die Stadt so kennenzulernen, wie wir sie kennen, und soziale Kontakte zu knüpfen, was ein sehr wichtiger Teil einer Auslandsfamulatur ist, bedauert auch Christoph Suppan von der Klinischen Abteilung für Onkologie.

Trotz dieser Herausforderungen ziehen alle Beteiligten ein sehr positives Resümee. „Abschließend bin ich sehr froh über den zwar mit Einschränkungen versehenen, aber doch nun möglichen internationalen Austausch. Es war auch für mich bereichernd zu erfahren, wie die Pandemie auch in anderen Ländern ihre Auswirkungen hat, welche Maßnahmen gesetzt werden, und es hat auch meinen Blick wieder erweitert“, so Lydia Stadlober. Und Tomás Gómez-Laverde gibt Medizinstudierenden, die überlegen, ins Ausland zu gehen, diesen Gedanken mit auf den Weg: „Wer ins Ausland geht, um Medizin zu studieren, sollte wissen, dass man trotz der Unterschiede zu seinem Heimatland sehr viel lernen kann, wenn man fleißig ist und Interesse zeigt.“ Vor allem ist es ihm jedoch ein großes Anliegen, allen Ärzt*innen der Onkologie- und Neurologie-Gruppen zu danken, von denen er sehr viel gelernt hat: „Sie sind außergewöhnlich professionell, und sie haben meine Erfahrung hier unvergesslich gemacht und dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken!“

Das International Office bedankt sich bei der Klinischen Abteilung für Onkologie und der Universitätsklinik für Neurologie für die großartige Betreuung von Tomás Gómez-Laverde und bei allen Beteiligten für Ihre Beiträge zu diesem Artikel.

Dieses Projekt wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt allein der Verfasser; die Kommission haftet nicht für die weitere Verwendung der darin enthaltenen Angaben.