Ernährung

Kritische Nährstoffe: Ist vegane Ernährung gesund oder ungesund?

Im Gespräch mit der KLEINEN ZEITUNG nimmt Ernährungsexpertin Sandra Holasek von der Med Uni Graz die vegane Ernährung genauer unter die Lupe.


Pflanzliche Ernährung im Trend: wie gesund und nachhaltig ist sie wirklich?

Ein Eis ohne Kuhmilch und nur mit pflanzlichen Inhaltsstoffen? Die Eisperle, ein veganer Grazer Eissalon, erhielt beim "1000things Award 2022" den Preis für das beste Eis Österreichs. Auch in Supermärkten und auf Speisekarten liest man die Bezeichnung "vegan" immer häufiger, was bedeutet, dass keine tierischen Inhaltsstoffe enthalten sind – also weder Fleisch, Fisch, Eier noch Milchprodukte. Der Anteil an Vegetariern und Veganern lag laut der Plattform Statista 2017 noch bei 5,7 Prozent, 2021 schon bei 11.

Kürzlich rückte der Weltvegantag dieses Thema wieder in den Fokus. Es sorgt auch für viel Spaltung, denn während die einen vegane Ernährung als die einzig richtige Ernährungsweise verteidigen – hier spielen vor allem der tierethische Kontext und die Klimafrage eine Rolle –, fühlen sich die anderen schon durch die Kennzeichnung "vegan" abgeschreckt und schreiben dem Begriff eine negative Bedeutung zu. Ein Zugang, der laut Ernährungswissenschaftlerin Sandra Holasek von der Med Uni Graz unbegründet ist.


Kritische Nährstoffe: regionale und saisonale Ernährung soll im Fokus stehen

"In der Ernährungspyramide ist pflanzliche Nahrung ganz stark abgebildet und ist der Hauptbestandteil unserer Nahrung." Aber: "Nur ein Drittel isst genug Obst und Gemüse pro Tag, nämlich fünf Mal täglich." Holasek plädiert daher dafür, die negativen Zuschreibungen veganer, also pflanzlicher Ernährung vorerst auszuklammern. In dieser Diskussion solle es "nicht um ein Entweder-oder" gehen, sondern um "vielfältige, regionale und saisonale" Ernährung.

Ernährt man sich rein pflanzlich, nimmt man "weniger Cholesterin und gesättigte Fette zu sich, mehr Ballaststoffe, Magnesium, Vitamin C, Folsäure und Pflanzeninhaltsstoffe". Es gibt aber auch kritische Nährstoffe: "Das Vitamin B12, Kalzium, Vitamin D, Zink, Eisen und langkettige Omega-3-Fettsäuren sind aus tierischen Quellen stärker verfügbar als aus pflanzlichen", so die Expertin.


Kritische Nährstoffe im Auge behalten und gut ausgleichen

  • Kalziumspender sind unter anderem Hülsenfrüchte, Soja, Tofu, Mineralwässer mit hohem Kalziumgehalt und angereicherte Sojamilch.
  • Zink und Eisen findet man in Getreide, Hülsenfrüchten, Ölsamen und Nüssen.
  • Vitamin C fördert die Eisenaufnahme. Kaffee und Schwarztee verschlechtern die Eisenaufnahme.
  • Omega-3-Fettsäuren sind in Walnuss- oder Leinöl.
  • Vitamin B12 sollte man supplementieren.

Veganerinnen und Veganern wird empfohlen, sich gut mit Inhaltsstoffen zu befassen, um sich trotzdem ausgewogen zu ernähren. Als Kalziumspender dienen etwa "Hülsenfrüchte, Soja, Tofu und Mineralwässer, die mehr als 150 Milligramm pro Liter Kalziumgehalt haben, aber auch Lebensmittel, wie angereicherte Sojamilch".

Zink und Eisen findet man in Vollkorn, Getreide, Hülsenfrüchten, Ölsamen oder Nüssen, wobei die Wissenschaftlerin auch Tipps hat, um die Eisenaufnahme zu verbessern: "Man sollte Kaffee und Schwarztee nicht direkt vor oder nach eisenreichen Mahlzeiten zu sich nehmen", Vitamin-C-haltige Lebensmittel hingegen verbessern die Aufnahme. Die Omega-3-Fettsäuren, die vor allem in Fisch enthalten sind, befinden sich auch in Pflanzenölen, wie Walnuss- oder Leinöl.
Nahrungsergänzungsmittel

Braucht man als Veganer zwangsläufig Nahrungsergänzungsmittel? "Auf jeden Fall was das Vitamin B12 betrifft, alles weitere ist mit einer guten Schulung durchaus möglich, aber aufwendiger." Es gibt aber Personengruppen, denen vegane Ernährung generell nicht empfohlen wird. "Wenn Frauen, die stillen oder schwanger sind, oder Eltern generell für ihre Familie sich für vegane Ernährung entscheiden, ist eine entsprechende Konsultation notwendig", also eine ärztliche und fachliche Beratung. Nur so kann ein Nährstoffmangel bei Kindern ausgeschlossen werden, der zu starken Entwicklungsstörungen führen kann, wie etwa des Wachstums oder der neuronalen Entwicklung, also des Nervensystems, wie die Expertin erklärt.

Während früher "vegan" mit Verzicht gleichgesetzt wurde, gibt es heute pflanzliche Fleisch-, Fisch-, oder Milchalternativen, die sich geschmacklich kaum vom Original unterscheiden. Was die Inhaltsstoffe betrifft, aber schon, denn diese verarbeiteten Lebensmittel enthalten oft mehr Salz und Zucker. Ob man aber generell gesund oder ungesund lebt, komme im Endeffekt aber nicht nur auf die Ernährung, sondern das auf das gesamte Lebensmuster an.

Textnachweis: KLEINE ZEITUNG vom 31.10.2022

Kontakt

Assoz.-Prof.in Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in
Sandra Johanna Holasek 
Lehrstuhl für Immunologie
T: +43 316 385 71153