Neuer Mechanismus in der Leberforschung entdeckt - Foto: rasi/AdobeStock.com

Neuer Mechanismus im Leberstoffwechsel

Übergewicht geht häufig mit tiefgreifenden Veränderungen im Stoffwechsel einher. Besonders betroffen ist die Leber, die eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung des Körpers spielt. Bei adipösen Menschen ist die Fähigkeit der Leberzellen, Fette und andere Nährstoffe in Energie umzuwandeln, oft eingeschränkt. Diese Störungen können die Entwicklung weiterer Erkrankungen wie Fettleber oder Diabetes begünstigen. Eine diesbezügliche Studie an der Med Uni Graz wurde kürzlich im Fachjournal Science Translational Medicine veröffentlicht.


Wichtige Erkenntnisse in der Adipositas-Forschung an der Medizinischen Universität Graz

Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Graz rund um Martin Wagner von der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie und Katrin Panzitt vom Diagnostik- & Forschungsinstitut für Pathologie hat in der Studie herausgefunden, dass der sogenannte Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) eine Schlüsselrolle dabei spielt, wie die Leberzellen von Menschen mit Adipositas Energie gewinnen. Der FXR ist ein Rezeptor, der auf Signale von Gallenbestandteilen reagiert und die Aktivität vieler Gene in der Leber steuert.

Für die Studie wurden Leberproben von Patient*innen untersucht, die entweder ein Placebo oder den Wirkstoff Obeticholsäure (OCA) erhielten. OCA ist ein gezielter Aktivator des FXR-Rezeptors. Dabei zeigte sich, dass FXR bei adipösen Personen deutlich stärker an die DNA bindet und damit die Steuerung von Stoffwechselprozessen übernimmt.

Die Aktivierung von FXR führte zu einer Verbesserung zentraler Funktionen der Zellkraftwerke, der Mitochondrien. Vor allem die Fettverbrennung (β-Oxidation) sowie die Energieproduktion über die sogenannte oxidative Phosphorylierung wurden gesteigert. Gleichzeitig sank die Bildung schädlicher Sauerstoffradikale, die sonst Zellstress verursachen können.


Schutzmechanismen für die Leber

Ein weiterer wichtiger Befund: Bei adipösen Proband*innen, die OCA erhielten, normalisierten sich die Werte des Antioxidans Glutathion. Glutathion wirkt wie ein Schutzschild gegen oxidativen Stress und ist entscheidend für die Stabilität und Gesundheit von Leberzellen.

„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gezielte Aktivierung des FXR-Rezeptors helfen könnte, Stoffwechselstörungen bei Adipositas zu behandeln und die Leberzellen vor Schäden zu schützen. So kann die Leber Fettsäuren besser verbrennen, Energie effizienter nutzen und schädliche Nebenprodukte wie freie Radikale reduzieren. Damit eröffnet sich ein vielversprechender Ansatz für zukünftige Therapien, die nicht nur die Energiegewinnung verbessern, sondern auch die Widerstandskraft der Leber erhöhen“, so Co-Autorin Katrin Panzitt.

„Die Ergebnisse basieren auf umfassenden Analysen des (Epi-)Genoms, die erst durch speziell entwickelte bioinformatische Auswertungsverfahren möglich wurden. Diese Methoden hat Co-Erstautor Emilian Jungwirth, der in unserer Gruppe promoviert hat, in Zusammenarbeit mit der TU Graz entwickelt“, fügt Projektleiter Martin Wagner hinzu.

Link zur Studie:
https://www.science.org/doi/10.1126/scitranslmed.adn4558


Steckbrief: Martin Wagner

Nach seiner Promotion durchlief Martin Wagner Stationen als Drittmittelassistent, Postdoc, Turnus- und Assistenzarzt sowie Assistenzprofessor. 2014 habilitierte er im Fach Innere Medizin, 2014 wurde er Facharzt und seit 2016 ist er assoziierter Professor. Martin Wagner leitet die Forschungseinheit „Translational Nuclear Receptor Research in Liver Metabolism“ an der Klinischen Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in Molekularbiologie, Gastroenterologie und Hepatologie, insbesondere bei Cholestase, Kernrezeptoren, Autophagie, Gallensäurestoffwechsel und metabolisch bedingter Fettleber.


Steckbrief: Katrin Panzitt

Nach ihrer Promotion am Institut für Pathologie der Med Uni Graz war Katrin Panzitt zunächst Postdoc in Graz, später am Baylor College of Medicine in Houston, bevor sie 2013 nach Graz zurückkehrte. 2021 habilitierte sie und erhielt die venia legendi. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Pathophysiologie, der medizinischen Molekularbiologie und der Gastroenterologie, mit besonderem Fokus auf nicht-codierende RNA, Kernrezeptoren und ChIP-Analysen.

Kontakt und weitere Informationen

Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. med. univ.
Martin Wagner  
Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie
Medizinische Universität Graz
T: +43 316 385 80287

Kontakt und weitere Informationen

Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in rer. nat.
Katrin Panzitt 
Diagnostik- & Forschungsinstitut für Pathologie
Medizinische Universität Graz
T: +43 316 385 71779