Schwangerschaft

Präeklampsie: Individualisierte Prophylaxe durch Aspirin-Therapie

Die Präeklampsie ist eine ernste Erkrankung, die während einer Risikoschwangerschaft auftreten kann und mit Bluthochdruck und anderen Symptomen assoziiert ist. Wissenschafter*innen an der Med Uni Graz haben nun untersucht, dass die Krankheitsprophylaxe durch Medikation mit Aspirin auf individualisierter Basis mittels einfachem Labortest das Präeklampsie-Risiko deutlich reduziert. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich im renommierten „Journal of Reproductive Immunology“ veröffentlicht.


Präeklampsie: Therapie-Monitoring durch Lichttransmissionsaggregometrie

Die Präeklampsie gehört zu einer Reihe von Erkrankungen, die mit Bluthochdruck in der Schwangerschaft einhergehen. Zudem leiden die Patientinnen unter Wasseransammlungen im Gewebe und haben Eiweiß im Urin. Eine niedrig dosierte Aspirin-Gabe von 75 bis 150mg pro Tag wird weltweit entsprechend internationaler Leitlinien zur Prävention der Präeklampsie eingesetzt, trotzdem können Frauen mit Risikoschwangerschaften eine Präeklampsie entwickeln. „Die Krankheitsinzidenz liegt weltweit zwischen 2 und 8% und gilt als eine der Hauptursachen für schwere Schwangerschaftskomplikationen“, berichtet Christina Stern, Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Med Uni Graz. Die Präeklampsie gilt in der Medizin als Frühform kardiovaskulärer Erkrankungen, wodurch zur Prävention auch hier die Aspirin-Gabe zum Einsatz kommt.

Die Wirkung des Aspirins ist in der Kardiologie nach wie vor ein Eckpfeiler der Blutplättchen-Hemmung und kann mit der Thrombozytenfunktionstestung im Speziallabor des Klinischen Instituts für Medizinische und Chemische Labordiagnostik der Med Uni Graz überprüft werden. „In der nun hochrangig veröffentlichten Arbeit wird die Thrombozytenfunktion mit der „Goldstandardmethode“ - der Lichttransmissionsaggregometrie (LTA) nach Gustav Born – analog zu den Erkenntnissen der kardiovaskulären Forschung zum Therapie-Monitoring bei Schwangeren angewendet, um frühzeitig eine Aspirin-Resistenz zu erkennen“, beschreibt Florian Prüller vom Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik.


Aspirin-Therapie: Beobachtung von Schwangeren über Dauer von drei Jahren

Die Aspirin-Resistenz, die zu einer insuffizienten Thrombozytenfunktionshemmung (Blutplättchen-Hemmung) führt, ist ein bekanntes therapeutisches Problem in der Kardiologie mit einer Prävalenz von bis zu 60%. In einem Zeitraum von drei Jahren wurden insgesamt 248 Patientinnen unter Aspirin-Prophylaxe an der Med Uni Graz begleitet. Retrospektiv wurden die Daten der Thrombozytenfunktionsbestimmung ausgewertet. „Die Einleitung der Aspirin-Prophylaxe mit 100mg bzw. auf Grund neuerer Empfehlungen 150mg täglich basierte entweder auf einem positiven Präeklampsie-Screening-Test im ersten Trimenon oder aufgrund bekannter Risikofaktoren, wie z.B. bereits bekannter Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen, Diabetes, Autoimmunerkrankungen, mütterliches Alter, In-vitro-Fertilisation und/oder Präeklampsie in einer früheren Schwangerschaft“, beschreibt Christina Stern den Studienaufbau. Konnte eine ausreichende Thrombozytenfunktionshemmung bei einer Dauertherapie mit 100mg Aspirin nachgewiesen werden, wurde das Therapieschema entsprechend weitergeführt, andernfalls wurde auf 150mg täglich erhöht und kontrolliert. „Entsprechend der internationalen und nationalen Empfehlungen wurde die maximale Dosis von 150mg Aspirin täglich nicht weiter gesteigert“, ergänzt die Wissenschafterin.


Individualisierte Gabe von Aspirin als wirkungsvolle Prophylaxe

64,6% der untersuchten Probandinnen zeigen unabhängig der Aspirin-Dosis eine gute Aspirin-Wirkung, aber 35,4% hatten auch unter der täglichen Maximaldosis von 150mg Aspirin eine nicht ausreichende Blutplättchen-Hemmung. „Bei jenen Frauen, die eine gute Aspirin-Wirkung hatten, ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Präeklampsie um bis zu 90 % reduziert“, so Christina Stern. Es wurden keine unerwünschten Nebenwirkungen, wie z.B. Blutungskomplikationen, beobachtet. „Da bekannt ist, dass der vorbeugende Effekt der Aspirin-Gabe sowohl bei Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen, als auch bei Frauen mit Risikoschwangerschaften nicht immer gegeben ist, bestätigt der neue Behandlungsalgorithmus, dass die Aspirin-Prophylaxe individualisiert auf Basis eines einfachen und kostengünstigen Labortests (Lichttransmissionsaggregometrie) angepasst und damit das Präeklampsie-Risiko deutlich reduziert werden kann“, fasst Florian Prüller zusammen.

Um die optimale Aspirin-Wirkung zur Prävention der Präeklampsie zu garantieren, sollte die Prophylaxe durch Dosis-Monitoring und -Anpassung individualisiert werden. „In nachfolgenden Studien ist zu überprüfen, ob eine weitere Steigerung der Aspirin-Dosis (mehr als 150mg Aspirin täglich) das Auftreten einer Präeklampsie weiter reduzieren kann, ohne die Gesundheit von Mutter und Kind zu gefährden“, blicken die beiden Wissenschafter*innen in die Zukunft.


Steckbrief: Florian Prüller

Florian Prüller forscht und arbeitet als Oberarzt am Klinischen Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik. Dort etablierte er die Thrombozytenfunktionsdiagnostik und führte einige wichtige Projekte im Bereich der Gerinnungsdiagnostik (u.a. Harmonisierung und Modernisierung des visko-elastometrischen Gerinnungsmonitorings, Automatisierung der Thrombozytenfunktionstestung) durch. Weiters arbeitet er und publiziert in renommierten Journalen zu Themen wie APC Resistenz, Factor V Graz, Endogenes Thrombin Potential, Beta-D-Glukan und ADAMTS13 Bestimmung.


Steckbrief: Christina Stern

Christina Stern begann ihre wissenschaftliche Arbeit an der Med Uni Graz in der Grundlagenforschung zu gestörter Frühschwangerschaft im Forschungslabor der Universitätsfrauenklinik. Aktuelle Studien befassen sich mit der Erforschung des Einflusses verschiedener pathophysiologischer Veränderungen, wie metabolische, immunologische und entzündliche Erkrankungen der Mutter, auf die Schwangerschaft. Projekte zur Untersuchung von Auswirkungen epigenetischer und funktioneller Veränderungen auf die Plazenta durch mütterliche Erkrankungen und schließlich auf die embryonale und fetale Entwicklung sind in Arbeit. Klinisch ist sie als Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe in der Schwerpunktambulanz für mütterliche Erkrankungen in der Schwangerschaft tätig.

Kontakt

OA PD Dr.
Florian Prüller 
Klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik
T: +43 316 385 82576

Kontakt

FÄ Dr.in
Christina Stern 
Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
T: +43 316 385 86306