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Wirkstoffe im „Schutzanzug“ im Kampf gegen Bakterien

In der Entwicklung von Medikamenten und der gezielten Freisetzung von Wirkstoffen bietet der Einsatz von Nanotechnologie zahlreiche neue Möglichkeiten. Eine interessante Innovation ist dabei der Einsatz von Eisenoxid-Nanopartikeln, die mit einer speziellen Beschichtung versehen sind. Damit können Wirkstoffe sicher und direkt in die betroffenen Zellen gebracht werden. Ein internationales Team von Wissenschafter*innen unter prominenter Beteiligung der Medizinischen Universität Graz hat dazu kürzlich seine Forschungsergebnisse veröffentlicht und macht damit auf mögliche Einsatzgebiete in der Behandlung von Infektionen oder in der Krebstherapie aufmerksam.


Wirkstoffe im „Schutzanzug“ im Kampf gegen Bakterien

Antimikrobielle Peptide (AMPs) sind natürliche Substanzen, die Bakterien angreifen, indem sie deren Zellmembran zerstören. Damit könnten sie beispielsweise zur Behandlung bakterieller Infektionen eingesetzt werden, da sie im Vergleich zu herkömmlichen Antibiotika den Vorteil haben, dass sie die Entstehung von Antibiotikaresistenzen reduzieren. Den Grund, weshalb man AMPs aber nicht ohne Weiteres einsetzen kann, beschreibt Sebastian Schwaminger vom Lehrstuhl für Medizinische Chemie der Med Uni Graz: „Einige AMPs können in ihrer Eigenschaft nicht nur für die Zellen von Bakterien, sondern auch für menschliche Zellen gefährlich werden, wodurch ihre Anwendbarkeit derzeit eingeschränkt wird.“

Diese Herausforderung hat ein internationales Team von Wissenschafter*innen von Technischer Universität München, University of Limerick (Irland), Technischer Universiteit Eindhoven (Niederlande) und Medizinischer Universität Graz angenommen und einen möglichen Lösungsweg veröffentlicht, wie Nanotechnologie die breite Verwendung von AMPs ermöglichen kann. Insbesondere wurde hier das AMP Lasioglosin III (LL) verwendet, da es extrem antimikrobiell wirkt.


Magnetische Fernsteuerung bringt Wirkstoff direkt an den Einsatzort

Die von den Wissenschafter*innen entwickelten Eisenoxid-Nanopartikel sind mit einer supramolekularen Ureido-Pyrimidinon-Beschichtung versehen, welche die antimikrobielle Aktivität des Peptids steigert. Bei der supramolekularen Beschichtung greifen große Moleküle wie bei einem Parkettboden ineinander und stabilisieren sich damit gegenseitig. Doch das ist noch nicht alles, wie Sebastian Schwaminger erklärt: „Die von uns beschriebenen Nanopartikel können durch das Eisenoxid mithilfe von Magnetismus gesteuert werden, wodurch die Medikamentenfreisetzung genau dorthin erfolgt, wo sie benötigt wird.“ Diese Innovation ist mit einer Reihe von Vorteilen für Patient*innen verbunden:

  • Reduktion der Dosierung von AMPs und dadurch Verringerung des Risikos von Nebenwirkungen
  • gezielte Medikamentenabgabe am Ort der Infektion bzw. Erkrankung
  • Verbesserung der Sicherheit durch Kombination von Nanopartikeln mit AMPs, wodurch die Toxizität für menschliche Zellen reduziert wird


Tests im Labormodell sollen Einsatzmöglichkeiten prüfen

„Unsere Forschungsergebnisse könnten in absehbarer Zukunft die Art und Weise, wie wir Krankheiten behandeln, revolutionieren“, blickt Sebastian Schwaminger in die Zukunft. Es konnte gezeigt werden, dass die Partikel sowohl gegen Krebszellen als auch gegen Mikroorganismen (Bakterien) wirksam sind. Ein nächster Schritt der Entwicklung dieser innovativen Materialien ist der Test im Labormodell, bevor der Einsatz zu Therapiezwecken umgesetzt werden kann.


Publikation

Iron Oxide Nanoparticles with Supramolecular Ureido-Pyrimidinone Coating for Antimicrobial Peptide Delivery
https://www.mdpi.com/1422-0067/24/19/14649


Steckbrief: Sebastian Schwaminger

Sebastian Schwaminger ist seit Februar 2022 für „Nanomaterialien für den Transport von Biomolekülen“ am Lehrstuhl für Medizinische Chemie des Otto Loewi Forschungszentrums der Medizinischen Universität Graz verantwortlich. Nach dem Studium des Chemieingenieurwesens an der Technischen Universität München (2007–2013) folgte ein Doktoratsstudium im Bereich Nanotechnologie an der Professur für Selektive Trenntechnik an der TU München. Bei Forschungsaufenthalten in Lund (2011), Dublin (2018) und Ljubljana (2022) sammelte Schwaminger Erfahrung mit nanopartikulären Systemen und deren Interaktionen mit Biomolekülen und Organismen. Mit einem EU-finanzierten Marie-Skłodowska-Curie-Stipendium leitete er ein Forschungsprojekt am Massachusetts Institute of Technology (2021), bei dem das Bindeverhalten von Biomolekülen an Nanopartikel elektrisch gesteuert wird. Er beschäftigt sich am Otto Loewi Forschungszentrum mit der Synthese und Charakterisierung von Nanomaterialien im Bereich der Kreislauf- und Gefäßforschung. Sein Schwerpunkt ist die Nutzung magnetischer Nanomaterialien für medizinische und pharmazeutische Anwendungen. Besonders eisenoxidbasierte Nanomaterialien sollen genutzt werden, um magnetisch kontrollierten Wirkstofftransport zu ermöglichen.

Kontakt

Ass.-Prof. PD Dr.
Sebastian Schwaminger MSc
Otto Loewi Forschungszentrum
Lehrstuhl für Medizinische Chemie
T: +43 316 385 72125