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Podcast: Genschere für die onkologische Forschung

Wie kann das gesamte Genom auf einmal im Labor erforscht werden? Die Antwort darauf ist ein CRISPR Screen, bei dem alle Gene manipuliert werden, um unbiased ein Ergebnis auf eine offene Forschungsfrage zu erhalten. Im Juni wurde der erste CRISPR Screen an der Klinischen Abteilung für Onkologie der Med Uni Graz durchgeführt. Der in der Onkologie forschende Biologe Michael Dengler erklärt, was genau CRISPR zur effektiven und wertvollen Methode in der Forschung macht.


Vom Immunsystem der Bakterien zum Chemie Nobelpreis

2020 wurde der Chemie Nobelpreis für die Weiterentwicklung der CRISPR/Cas9 Gen-Schere verliehen. Sogar in den Boulevard Medien hat die CRISPR Methode für Schlagzeilen gesorgt, als einem Mann dieses Jahr in den USA ein Schweineherz transplantiert wurde, welches genetisch verändert wurde. Michael Dengler erklärt: „CRISPR, die Genschere, finde ich ein unglaubliches Tool, wenn man sich so überlegt, wo das denn herkommt. CRISPR ist eigentlich ein Immunsystem von Bakterien gegenüber Viren. Wissenschafter*innen haben es so modifiziert, dass wir es für unsere Forschung einsetzen können“.  Mit CRISPR ist es möglich, schnell und zielgerichtet Gene zu manipulieren, sie zu aktivieren oder auszuschalten. Oft sind immer wiederkehrende Mutationen für eine Krankheit bekannt, aber die genaue Auswirkung dieser noch nicht. „Mit CRISPR können wir das extrem schnell auch im Labor modellieren und untersuchen“. Manch einer scherzt schon über „CRISPR everywhere“ – über die Tatsache, dass diese Methode auch in der Agrarwirtschaft Einzug gefunden hat.


Der erste CRISPR Screen in Graz: Erforschung der Therapieresistenz von Adenokarzinomen der Lunge

Bei einem CRISPR Knockout Screen werden alle Gene des Genoms modifiziert, mit dem Ziel, eine große Population von Zellen zu erhalten, in der in jeder Zelle verschiedene Gene ausgeschalten wurden. Michael Dengler erklärt: „Wie die Genschere-Bezeichnung schon ausdrückt, kann man Gene quasi schneiden und so inaktiv machen“. Am Ende wird ersichtlich, welcher Verlust von Genen den Zellen einen Nachteil bringt oder sie sterben, das heißt aus der Population verschwinden, lässt. Auf die Onkologie bezogen, kann durch Behandlung der Zellen mit einem Medikament ersichtlich werden, welche Gene für Therapieresistenzen entscheidend sind. Ein großer Vorteil ist dabei, dass man nicht individuell ein Gene of interest betrachtet, sondern unbiased das ganze Genom beurteilt.


Forschungsstandort Graz

Die Entscheidung, seinen Forschungsstandort von Melbourne, Australien, an die Med Uni Graz zu verlegen, hat Michael Dengler nicht bereut: „Die Nähe zur Klinik finde ich hier sehr faszinierend, Graz hat da einen unglaublichen Standort. Man findet das nicht oft in Europa, oder auf der ganzen Welt, dass man als Grundlagenforscher an der Klinik arbeiten kann“. Neben der Biobank Graz, die eine der größten klinischen Biobanken der Welt ist, schätzt Michel Dengler vor allem die enge Zusammenarbeit mit Kliniker*innen.

Mehr über Herausforderungen beim Umsetzen des 1. CRISPR Screens und die nächsten Schritte, Parallelen und Unterschiede zwischen Melbourne und Graz sowie Ratschläge für an Forschung interessierte Mediziner*innen sind im Interview zu hören.

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Text: Lisa Jernej