Neurologie

Nachgefragt: Schlaganfall bei jungen Menschen

Schlaganfälle werden meist eher mit älteren Menschen assoziiert. Aber auch in jungen Jahren kann ein solcher auftreten. Wie es dazu kommt und was man tun kann.

Es hätte einer der schönsten Lebensabschnitte für Ina und Vanessa werden sollen: Vanessa erwartete das erste Kind und das Instagrampärchen zeigte sich auf den sozialen Medien in freudiger Erwartung. Doch von einer Minute auf die andere war alles anders: Ina erlitt einen schweren Schlaganfall – im Alter von 26 Jahren. Die nächsten Monate wird sie im Krankenhaus und auf Reha verbringen, statt zuhause bei Frau und Tochter.

Auch die 29-jährige Bobfahrerin Katrin Beierl erlitt vor kurzem einen Schlaganfall – während ihres Urlaubs in Peru. Der Großteil ihrer Sehkraft am linken Auge ging dadurch verloren.

 

Beim Experten nachgefragt

Neurologe Christian Enzinger (Med Uni Graz) beschäftigt sich mit sogenannten jungen Schlaganfällen. Ein seltenes Phänomen sind diese nicht, wie er erklärt: „Wir sehen an der Uniklinik leider auch zunehmend junge Menschen, die in ihren 20ern oder 30ern einen Schlaganfall erleiden. Grundsätzlich ereignen sich bis zu 15 Prozent aller Schlaganfälle vor dem 55. Lebensjahr.“ Das Paradoxe derzeit sei, dass Schlaganfälle zwar immer besser behandelt werden können – auch bei älteren Menschen –, allerdings die Zahl der Schlaganfälle bei der jüngeren Erwachsenengruppe zunimmt. Zum einen gibt es genetische Faktoren, die das Auftreten eines Schlaganfalls wahrscheinlicher machen. Diese seien aber nur bei einem kleinen Teil der Fälle der alleinige Auslöser. Viel häufiger spielt hingegen der Lebensstil eine Rolle: „Was wir bei Erhebungen gesehen haben, ist, dass ab dem 30. Lebensjahr die konventionellen Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Bewegungsmangel, Fettleibigkeit in dieser Gruppe exorbitant ansteigen und die Schlaganfälle begründen.“

 

Auch junge Menschen können betroffen sein

Bei Menschen, die jünger sind, liegt die Ursache oft auch im Zusammenziehen oder Verstopfen von Gefäßen. „Häufig sind sogenannte Gefäßdissektionen. Dabei löst sich die Innenwand der Gefäße von der mittleren Muskelschicht ab. Dort kann dann Blut in das Gefäß einströmen und dieses einengen, wo sich dann Blutplättchen ansammeln und es verschließen.“ Passieren kann das etwa bei Auffahrunfällen mit dem Auto, aber auch durch Kleinigkeiten, wie ins Wasser köpfeln oder headbangen. Vorkommen tut dieses Phänomen vor allem nach Infektionen, da die Gefäßwände dann sehr verletzlich sind. „Bemerkbar macht sich das vorerst auch durch einseitige Nacken- oder Hinterhauptschmerzen“, so Enzinger. Ein weiterer Auslöser für Schlaganfälle, der auch bei jüngeren Betroffenen eine Rolle spielt, ist eine Blutung in das Gehirngewebe oder in die Hohlräume um das Gehirn. Bei jungen Patientinnen spielt außerdem immer wieder auch die Kombination aus der Verhütungspille und Rauchen eine Rolle. „Das erhöht das Risiko für Verschlüsse kleiner arterieller Gefäße, kann aber auch über eine Verlegung der Venen zu einer Verstopfung des Blutabflusses aus dem Gehirn führen. Die sogenannte Sinusvenenthrombose zu erkennen, ist oft tückisch, weil es zwar zu heftigen Kopfschmerzen kommt, diese aber auf- und abschwellen können. Auch neurologische Ausfälle sind vorübergehend.“

 

Rehabilitation gelingt meist gut

Beruhigend ist jedoch: „Es gibt selten sehr schwere Schlaganfälle bei jungen Menschen, weil solche durch großzügige Verschlüsse in den Gefäßen bedingt sind, welche in diesem Alter kaum vorkommen.“ Und es scheint so zu sein, dass jüngere Gehirne besser mit Schlaganfällen umgehen können – das führt dazu, dass die Rehabilitation meist gut gelingt. Eine Herausforderung ist die Wiedereingliederung in das Leben – auch durch psychische Folgen des Schlaganfalls.

„Die wichtigste Botschaft ist, dass man auch bei jungen Menschen daran denkt, dass ein Schlaganfall möglich ist und bei Symptomen schnell reagiert“, sagt Christian Enzinger.

 

Wie man einen Schlaganfall erkennt

  • Gesicht: Bitten Sie den Betroffenen zu lächeln. Ein herabhängender Mundwinkel ist ein Anzeichen.
  • Arme: Der Betroffene soll beide Arme heben. Sinkt einer nach unten, ist das ein Hinweis.
  • Sprache: Der Betroffene soll einfache Sätze wiederholen – handelt es sich um einen Schlaganfall, kann es zu undeutlichem Sprechen oder Fehlern kommen.
  • Bei jungen Menschen sind die Anzeichen oft unauffälliger: Einseitige Sehstörungen, auf- und abschwellende Kopfschmerzen, einseitige plötzliche Nackenschmerzen, heftige Hinterkopfschmerzen oder die Tatsache, dass jemand „betrunken“ wirkt. In jedem Fall gilt: Schnell handeln und den Notruf wählen.

 

Textnachweis: Teresa Guggenberger, KLEINE ZEITUNG