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Welt-Kinderkrebstag: Martin Benesch im Gespräch

Martin Benesch, Leiter der Pädiatrischen Hämato-Onkologie der Med Uni Graz, im Gespräch mit Klaus Molidor anlässlich des Welt-Kinderkrebstages am 15.02.

Herr Professor Benesch, ein emotionalerer Beruf als der, mit krebskranken Kindern zu arbeiten, ist kaum vorstellbar.
Das stimmt. Alle hier auf der Pädiatrischen Hämato-Onkologie der Med Uni Graz machen das auch mit Leidenschaft und verbinden Beruf mit Berufung. Wenn Kinder am Ende der Therapie sind und zu diesem Zeichen unsere Stations-
glocke läuten, dann hat das gesamte Behandlungsteam Tränen in den Augen. Ebenso wenn ein Kind verstirbt.

Was wünschen Sie sich anlässlich des Welt-Kinderkrebstags am 15. Februar?
Dass die Bevölkerung so einen Tag noch mehr wahrnimmt. Mittlerweile gibt es so viele solcher Tage. Aber es ist wichtig, dass man bekannt macht, dass wir noch einen weiten Weg haben, um das Ziel zu erreichen, so viele Kinder wie
möglich zu heilen.

Die Heilungschancen haben sich in den letzten Jahrzehnten aber deutlich verbessert.
Das kann man nicht ganz so sehen. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts sind alle Kinder und Jugendlichen an einer Krebserkrankung gestorben. Durch die Chemotherapie hat sich das dann verändert und den größten Sprung hat es ungefähr zwischen 1960 und 1990 gegeben. Seither beginnt die Zunahme der Raten abzuflachen. Wo ich eine Heilungsrate von 98 Prozent habe, geht halt kaum mehr was. Bei Leukämien, Lymphomen hat sich sehr viel getan in der Immuntherapie, bei der Augenerkrankung Retinoblastom hat sich viel getan. Was man aber auch ansprechen muss: Bei gewissen Tumorerkrankungen hat sich gar nichts getan. Vor allem bei gewissen Knochen- und Weichteiltumoren, wenn sie schon Metastasen bei der Diagnosestellung ausgebildet haben, dann laufen wir von Anfang an hinten nach und dann gibt es keine Heilung. Was nicht heißt, dass wir es nicht trotzdem immer versuchen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kinder- und Erwachsenenkrebs?
Im Kindesalter sind Krebserkrankungen Gott sei Dank viel seltener als bei Erwachsenen. Wir sprechen da von rund 300 Neuerkrankungen pro Jahr. Das nutzt einem als betroffene Familie natürlich nicht, dass es selten ist. Zweitens ist
das Erkrankungsspektrum anders. Bei den Erwachsenen sind es vorwiegend Karzinome. Die gibt es bei Kindern überhaupt nicht. Da sind es vorwiegend Blutkrebsarten, also die Leukämien.

Was hat sich in der Kinderkrebs-Forschung getan?
Wo sich viel getan hat, ist die Aufklärung von bestimmten Eigenschaften eines Tumors. In Zukunft wird man die klassische Zellgifttherapie vielleicht nicht ganz ersetzen, aber doch reduzieren können.

Gibt es Anzeichen dafür, dass es in absehbarer Zeit eine Wunderwaffe gegen den Krebs geben wird?
Eine einzige wird es nicht geben, das muss man auf die Erkrankung herunterbrechen. Jeder Tumor ist anders. Man kann also auf einen Weltdurchbruch in einer Konstellation hinarbeiten. Darauf kann man hoffen.

Interview und Textnachweis: Klaus Molidor, Der Grazer vom 11.02.2024