Fasten führt nicht nur zu einer Gewichtsabnahme Foto:KateCat/AdobeStock.com

Fasten hemmt den Appetit: Neue Studie vom Experten analysiert

Fasten führt laut einer neuen Studie nicht nur zur Gewichtsabnahme. Es verändert auch das Mikrobiom und die Kommunikation zwischen Darm und Hirn. Auf diese Weise reduziert es den Appetit, was beim Abnehmen langfristig hilft.

Übergewicht geht mit vielen Erkrankungen einher – Gelenksbeschwerden, Diabetes und Bluthochdruck etwa. Allein in Österreich sind laut Statistik Austria rund 35 Prozent übergewichtig und 17 Prozent adipös, Tendenz steigend. Eine Möglichkeit, um erfolgreich abzunehmen, ist die intermittierende Energierestriktion, wie eine vor Kurzem im Fachmagazin „Frontiers in Cellular and Infection Microbiology“ erschienene kleine Studie zeigt. Bei dieser speziellen Form des Intervallfastens handelt es sich um eine Ernährungsform, bei der an einigen Tagen in der Woche im Vergleich zu den restlichen Tagen weniger Nahrung aufgenommen wird. Bei Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern, die an Gewicht verloren hatten, veränderte die reduzierte Kalorienaufnahme auch die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und die Hirnaktivitäten so, dass der Appetit gehemmt wurde, berichtet das chinesische Forschungsteam.

Ernährung beeinflusst Mikrobiom

Peter Holzer von der Medizinischen Universität Graz hat lange im Bereich der Verbindung von Mikrobiom, Darm, Gehirn und Nervensystem geforscht. An der aktuellen Untersuchung war er nicht beteiligt. „Das Gehirn kann mithilfe des autonomen Nervensystems auf den Magen-Darm-Trakt einwirken. Wenn man die Funktion des Magen-Darm-Trakts ändert, ist es auch sehr wahrscheinlich, dass man auf das Mikrobiom einwirken kann“, sagt Holzer. Der umgekehrte Weg vom Darmmikrobiom in Richtung Gehirn sei besser untersucht. „Hier haben wir Nerven, die sehr rasch Signale vom Darm in das Gehirn schicken. Das sind unangenehme Dinge wie Schmerzen oder Krämpfe.“

Kalorien langfristig reduzieren

Wenn die Datenlage mit 25 Testpersonen auch gering ausfällt und konkreten Angaben zur Nahrungszusammensetzungen fehlen, schlussfolgern die Forschenden, dass eine längerfristige Kalorienreduktion die weitere Gewichtsabnahme fördert. Dabei kommunizieren laut Holzer Gehirn und Darm auf vier unterschiedlichen Wegen: Über Nervenbahnen sendet der Darm Informationen ans Gehirn. Zudem können Stoffwechselprodukte des Darmmikrobioms über den Blutkreislauf ins Gehirn gelangen. Als drittes System gelten Darmhormone, die aus Zellen der Darmschleimhaut freigesetzt werden und über die Blutbahn ins Gehirn gelangen. „Das vierte System sind Immunbotenstoffe, die vom Darmimmunsystem in Wechselwirkung mit dem Mikrobiom freigesetzt werden können. Sie gelangen ebenfalls über das Blut ins Gehirn und überbringen dort ihre Botschaft“, so Holzer.

Rasche Effekte bei energiearmer Kost

Die Veränderung des Mikrobioms erfolgte durch das Fasten binnen weniger Tage. Die Anzahl verschiedener Bakterien veränderte sich. Beispielsweise nahm in der Studie die Häufigkeit des Krankheitserregers E. coli bei energiearmer Kost ab. Das Bakterium wird mit Adipositas, auch Fettleibigkeit genannt, in Verbindung gebracht. Laut Forschenden kann das Bakterium die Blut-Hirn-Schranke durchdringen, und die Gehirnfunktion beeinflussen sowie appetitanregende Signalstoffe aktivieren. Nützliche Bakterien, die Adipositas lindern, nahmen laut Studie anfangs zu und näherten sich später wieder dem Ausgangswert. Holzer weiß um diesen raschen Effekt: „Wenn wir in fremde Länder mit einer ganz anderen Esskultur und Zusammensetzung reisen, zeigen Daten, dass sich das Mikrobiom binnen weniger Tage, spätestens nach einer Woche deutlich verändert hat.“

Gehirn hemmt Nahrungsaufnahme

Veränderungen der Gehirnaktivität wurden in der Studie mittels Magnetresonanztherapie untersucht. Unter energiearmer Kost geht die Aktivität im Bereich des Emotions- und Lerngedächtnis zurück. Somit nimmt der erlernte Nahrungsmittelreiz ab und die Nahrungsaufnahme wird gehemmt, was wiederum eine weitere Gewichtsabnahme fördert. „Wenn man die Studie als Einfluss des Gehirns auf das Mikrobiom betrachtet, dann wäre das meines Wissens nach wirklich neu. Sozusagen ein heroischer Schluss der Autoren“, so Holzer, der den Kommunikationsweg primär umgekehrt, nämlich vom Mikrobiom zum Gehirn, versteht: „Das Darmmikrobiom ist der primäre Sensor für die Veränderung. Das Gehirn reagiert sekundär auf die Nahrungszusammensetzung.“ Holzer hält die Studienhypothese und die damit aufgeworfenen Fragen für sehr interessant. Nicht zuletzt sei bei weiteren Forschungsansätzen auch die Psyche zu berücksichtigen, da mit Übergewicht auch Depressionen einhergehen und Teilnehmende einer Studie oft besonders motiviert seien abzunehmen.
 

Textnachweis: Sandra Fleck/ORF Wissenschaftsredaktion